DE: Goebbels hat die Villa in der Kurfürstenstraße angeblich seiner Liebschaft der Schauspielerin Henny Porten vermacht. Nach Auszug jener Stummfilmikone wurde die Villa als illegales SS-Offizierskasino genutzt, später gab es sogar eine Rohrpostverbindung in den Führerbunker. Und gestorben ist Henny Porten natürlich ebenfalls hier – bettelarm. Derlei Geschichten hat jeder schon einmal in der einen oder anderen Variation gehört, der im heutigen Café Einstein zu Gast ist, denn um dieses Haus ranken sich wahrlich unzählige Legenden, viele mit wahrem Kern. Die Wahrheit: 1878 lässt sich der Nähmaschinenfabrikant Gustav Rossmann außerhalb des Zentrums Berlins in der Kurfürstenstraße 58 eine Villa im damals modernen Stil der Neorenaissance erbauen. In den pulsierenden 1920er Jahren erwirbt der jüdische Privatbankier Georg Blumenfeld die Villa Rossmann, die er an einen geheimen Spielclub der feinen Gesellschaft vermietet. Hier geht die Crème de la Crème der Weimarer Republik ein und aus: Aristokraten, Fabrikanten, berühmte Rechtsanwälte und Stars feiern in Smoking und Abendrobe bei Champagner und Kaviar. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 wird der Club öffentlichkeitswirksam gesprengt. Schon bald zieht eine SS-Behörde in die Räumlichkeiten des heutigen Kaffeehauses ein. Die Eigentümer der Villa Rossmann werden enteignet und schließlich in den Suizid getrieben. Über 300 Luftangriffe verwandeln die Stadt Berlin in ein Trümmerfeld. Die Villa in der Kurfürstenstraße 58 überlebt den Krieg - lange ist unklar, was aus ihr werden soll und sie verfällt. Die Zweiteilung der Stadt Berlin trägt nicht dazu bei, die von den Nazis zu Grabe getragene Berliner Kaffeehauskultur der 20er Jahre wiederzubeleben. Trotzdem und obschon die Rossmann-Villa nach dem Bau der Berliner Mauer am Rande der westlichen Welt zu liegen scheint, verwirklicht 100 Jahre nach der Grundsteinlegung des Rossmann-Hauses die Exil-Österreicherin Uschi Bachauer in diesem eine Renaissance der Berliner Kaffehehauskultur ebenso wie ein echtes Wiener Kaffeehaus; die perfekte Symbiose von Apfelstrudel und Avantgarde. Heute ist das Café Einstein weltweit bekannt und genießt einen erstklassigen Ruf. Am Eingang des Hauses erinnern zwei „Stolpersteine“ an Leben und Schicksal des Ehepaars Blumenfeld. Mehr zur wechselhaften Geschichte des Hauses, die zugleich die Geschichte der Stadt Berlin spiegelt, erfahren Sie im Buch zum Kaffeehaus: "Café Einstein Stammhaus - die Geschichte des Berliner Kaffeehauses" (auch im Café Einstein einsehbar / erhältlich).
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